Alpakas helfen bei der Familientrauerbegleitung

Ein wunderschöner Sommertag, grasende Alpakas, dazwischen eine ganze Reihe streichelnder Kinder wie unter anderem Felix, Paulina und Johanna (linkes Bild, mit Martina Hosse-Dolega) mit ihrem Papa Sascha: Glücksmomente auf Daniels kleiner Farm im Grenzbereich zwischen dem Bochumer Norden und Castrop-Rauxel. Das Palliativnetz Bochum e.V. (PNB) finanzierte anlässlich seines 15-jährigen Jubiläums diesen Nachmittag für kleine Menschen, die einen geliebten Elternteil verloren haben. Schon seit Jahren arbeitet das PNB im Rahmen seiner Kinder- und Familientrauerarbeit mit Martina Hosse-Dolega zusammen und finanziert diese Arbeit für betroffene Familien aus Spendengeldern, weil dem Tod eines Elternteils oft auch finanzielle Probleme folgen.

„Trauern ist ein aktiver Prozess und kein passiver Zustand – der Begriff Trauerarbeit verdeutlicht das“, erklärt die Trauerbegleiterin auf ihrer Website. Gerne setzt sie dabei auf den engen Kontakt mit den freundlichen, flauschigen und bei Kindern besonders beliebten Tieren aus Südamerika, denn „die Arbeit mit Tieren wirkt nachhaltig.“ In der Tat schließen die Kinder schnell Freundschaft mit den Tieren, mit denen sie später durch die Natur wandern und Ablenkung finden werden.

Neben zwei Lamas gibt es nicht weniger als 22 Alpakas auf Daniels kleiner Farm, geschätzte 25.000 übrigens in ganz Deutschland. Die meisten davon sind, wie Betreuer Chris erklärt, Huacaya-Alpakas. Auf der Farm repräsentiert lediglich Scotty die Unterart der Suri. Er hat ein besonders dichtes und hängendes Fell.

Das gemeinsame Essen, der Umgang miteinander und mit den Vierbeinern zaubert bei dieser Premiere Sonne in die Herzen und Gesichter. Ursprünglich hatte Hosse-Dolega die Farm nämlich stets nur mit einer Familie besucht. Einige Kinder äußerten allerdings den Wunsch, andere Betroffene kennenzulernen. „Dem wollten wir sehr gern folgen.“

Felix, Johanna und Paulina sind deshalb jetzt schon zum zweiten Mal zu Gast auf der Farm und erinnern sich bestens an ihren ersten Besuch, als die Mama sie in ihrer Abschiedsphase noch begleiten konnte. „Die größte Sorge ihrer Mutter war, dass ihre jüngsten Kinder sie vergessen könnten“, so Hosse-Dolega. „Johanna war erst ein Jahr alt, Felix drei.“ Da sei es wichtig, dass neben dem Gefühl der Geborgenheit, Liebe und Sicherheit neben der Körpererinnerung auch sichtbare Fotos und Erinnerungen existieren. „Ich helfe dabei, Erinnerung zu schaffen, zu sammeln und zu sichern.“ Die Bilder von diesem besonderen Tag auf der Farm gehen deshalb schon am folgenden Tag an alle Beteiligten.

Hosse-Dolega nimmt die gut 15 Kinder noch weiter mit, schenkt zum Abschluss allen eine Herzform zum Selbstbepflanzen für Mama oder Papas Grab. „Die geliebte Mama bzw. der geliebte Papa gehören natürlich zur Familie – auch, wenn sie gestorben sind.“ Ein weiteres schönes Geschenk sind Glücksgläser. Darin werden für jeden Glücksmoment z.B. Nudeln gesammelt – von denen man schließlich auch ein Glücksessen kochen kann.

Hosse-Dolega betont, dass zumindest beim Palliativnetz Bochum die Familientrauerbegleitung zu beinahe 100 Prozent aufsuchend stattfindet, also bei den Menschen zu Hause, in Krankenhäusern oder Hospizen. Manchmal sogar z.B. auf dem Fußballplatz – oder eben sehr gern auf Daniel Hischkes kleiner Farm. „Er unterstützt unsere Familientrauerbegleitung schon seit 2015.“

Um die coronabedingten, sehr erschwerten Bedingungen der letzten zwei Jahre abzumildern, hat Hosse-Dolega nun auch einen Wohlfühlort für Familien in Castrop-Rauxel geschaffen. Gemeinsam mit ihrem Ehemann hat sie ein Studio für Personal Training, Trauerbegleitung und Systemisches Coaching eröffnet. „Insbesondere für Abschied nehmende, trauernde Familien“, sagt sie, sei dies eine wertvolle Hilfe.

Website Martina Hosse-Dolega
Website Daniels kleine Farm

Das Palliativnetz Bochum e.V. braucht eure und Ihre Stimme

Die LBS wendet sich in diesem Jahr mit einem Fördervorhaben an alle Vorausdenker mit nachhaltigen Projekten in NRW: an Menschen, die etwas bewegen wollen und sich für andere stark machen. Im Wettbewerb 2021 fördert LBS mit Preisgeldern zwischen 500 und 5.000 Euro die Projekte, die bei der öffentlichen Online-Abstimmung die meisten Stimmen bekommen. (Hier Informationen zu den angemeldeten Projekten). Wir haben uns nicht lange bitten lassen und unsere Kindertrauerarbeit zur Abstimmung angemeldet – ein Herzensprojekt, unterstützt und begleitet von unserer wunderbaren Trauerbegleiterin Martina Hosse-Dolega:

Der Tod eines Elternteils kommt manchmal ganz plötzlich und unerwartet – eine heftige Veränderung im Leben der Kinder. Unter Einbeziehung kreativer, spielerischer und entspannungspädagogischer Möglichkeiten schaffen wir eine tragfähige Basis für ein Leben, im dem der Tod der Mama oder des Papas seinen Platz in der Erinnerung bekommt – jedoch nicht zu einem traumatischen Erleben wird. Eine ganz wesentliche Hilfe bietet dabei die tiergestützte Therapie auf „Daniels kleiner Farm“, einem Alpaka-Hof. Die Kinder streicheln und versorgen die Tiere, wandern mit ihnen. Sie sind in Bewegung, schließen neue Freundschaften und werden emotional und kognitiv gestärkt. Gerne unterstützen wir mit Aktionen und diversen Anschaffungen den Alpaka-Hof sowie unsere Trauerbegleiterin, die mit ungebrochen herzlichem Einsatz für die Familien zur Verfügung stehen. Unsere Kindertrauerarbeit ist zu 100 % spendenfinanziert.

Direkt zu unserem Projekt und zur Abstimmung auf der LBS-Vorausdenker-Website geht es hier. Die Abstimmung ist möglich ab dem 13.09. und bis zum 04.10.2021.

Über deine / Ihre Stimme für unsere Kindertrauerarbeit würden wir uns sehr freuen.

Weitersagen unbedingt erwünscht!

„So toll ist meine Welt nach der Pandemie“

„So toll ist meine Welt nach der Pandemie“ lautet das Thema einer kreativen Ferien-Malaktion des Palliativnetz Bochum e.V. (PNB). Kinder bis zu zehn Jahren, die ja viele schwere Corona-Monate hinter sich haben, sollen über etwas Schönes nachdenken und ihre Wünsche und Träume für die Zeit nach der Pandemie malen.

Die Alpha Apotheke in Bochum ist lediglich ausführender Partner bei dieser PNB-Aktion so wie auch die Civis Apotheke in der Drehscheibe. Ein kleines Dankeschön wartet auf alle Kinder, die ein Bild dort abgeben – und „alle Bilder werden in unseren Schaufenstern ausgestellt“, sagt Inhaber und PNB-Vorstandsmitglied Markus Fischer. „Eine Jury des Palliativnetzes wird die zehn schönsten ‚Kunstwerke‘ prämieren, und als Hauptpreis gibt es einen Gutschein für ein Fahrrad im Wert von 500 Euro zu gewinnen.“

Die Malaktion des Palliativnetzes soll bis Ende September laufen. „Bis dahin wird bestimmt eine große Zahl von tollen Bildern bei unseren Partnerapotheken ankommen“, lässt auch der PNB-Vorstand verlauten.

Palliativnetz Bochum: Die Zahlen

Die im Palliativnetz verbundenen Partner versorgen pro Jahr etwa 2200 Bochumer Palliativpatientinnen und -patienten. Nur wenige Palliativpatienten sterben im Krankenhaus (14%, von diesen 49% auf einer Palliativstation). Die meisten schwerstkranken und sterbenden Menschen begleiten wir jedoch im eigenen Zuhause, in einer Senioren-, Wohn- oder Behinderteneinrichtung oder einem stationären Hospiz (86%) – in einer vertrauten Umgebung. Wir arbeiten zusammen mit fünfunddreißig Senioreneinrichtungen, drei Beatmungs-Wohngemeinschaften, drei Demenz-Wohngemeinschaften und zwei Behinderteneinrichtungen.

Trauerbegleitung mit 650 Fotos

Trauerarbeit mit Kindern in Corona-Zeiten – das ist noch erheblich schwerer und auch noch wichtiger als unter normalen Bedingungen. Das berichtet Martina Hosse-Dolega aus ihren Erfahrungen der letzten Monate. „Mit Abstand, Maskierung, Kontaktfreiheit und den geltenden Besuchsbeschränkungen“, sagt sie, „ist das nur mit viel Kreativität leistbar.“ Sie erzählt die Geschichte eines Vaters, der eigentlich wegen einer Routine-OP ins Krankenhaus gekommen war, dort aber dann auf die Intensivstation verlegt worden und dort gestorben ist. „Die Frau konnte drei Wochen nicht zu ihrem Mann, die Kinder haben den Vater überhaupt nicht mehr gesehen. In dieser Zeit habe ich 650 Fotos gemacht, um irgendeine Begleitung darstellen zu können.“

In einem anderen Fall lag die Mutter im Hospiz und man konnte nur im Zimmer oder draußen auf der Terrasse gemeinsam etwas machen. Da war es gut, dass schon vor einigen Wochen das Team von Daniels kleiner Farm für andere Kinder wieder einige Termine mit den Alpakas anbot: „Die Kinder waren mit Scouts und den Tieren unterwegs, und ich konnte mit den Eltern sprechen.“

PNB-Stipendiaten freuen sich auf die Weiterbildung

„Es ist echt toll, wenn man die von uns betreuten Menschen schon vorher kennt“, sagt Altenpflegerin Sandra Pohl, „und dann auch in der letzten Phase ihres Lebens noch so richtig intensiv auf sie eingehen kann.“ Die junge Frau brennt darauf, die Weiterbildung für Palliative Care zu machen. Sie hatte Glück und bekam eines der begehrten Stipendien des Palliativnetz Bochum. „Im Juni kam die Zusage.“ Sandra Pohl, seit 2014 bei den Augusta Ambulanten Diensten, hat sich riesig gefreut und ist hoch motiviert. „Ich habe als Altenpflegehelferin begonnen und mich zur Altenpflegerin weitergebildet.“ Jetzt soll – vermutlich ab November – das theoretische Handwerkszeug für die Betreuung und Behandlung von Menschen kommen, die am Ende ihres Lebensweges stehen. „Ich habe viel Einfühlungsvermögen, kann gut zuhören“, sagt die verheiratete dreifache Mutter, die sich trotz der häuslichen Belastung weiterbilden möchte, „und möchte mit den Patienten noch viel lachen und Spaß haben.“ Das liege ihr am Herzen und sie wisse sehr wohl, dass viele der Betroffenen gar nicht so viel bemitleidet werden wollen. „Wir wollen diesen letzten Weg schön gestalten, vielleicht auch noch ein paar Wünsche erfüllen.“

Sie wurden ausgewählt: Jolanthe Galda, PKD Bochum, examinierte Altenpflegerin | Almuth Guder, Villa Goy, examinierte Altenpflegerin | Axel Spitzer, Onkologische Station Augusta Kliniken, examinierter Krankenpfleger | Grazyna Puchalska, Heinrich-König-Zentrum, Pflegefachkraft | Sandra Pohl (im Bild), Augusta Ambulante Dienste, examinierte Altenpflegerin | Miroslawa Bonk, Elsa-Brändström-Haus, examinierte Altenpflegerin

Wir vom Palliativnetz Bochum wünschen allen unseren Stipendiaten viel Erfolg bei ihrer anspruchsvollen Ausbildung und natürlich besonders auf ihrem weiteren Weg.

Koordinatoren waren kreativ trotz Corona-Einschränkung

Kittel an- und ausziehen, FFP3-Mundschutz anlegen, in den Altenheimen eintragen und austragen, anmelden und abmelden – das war ein erheblicher Aufwand für die Mitarbeitenden beim Palliativärztlichen Konsiliardienst in den letzten Monaten und so gar nicht nach dem Geschmack der Kolleginnen und Kollegen. Man habe die Situation aber trotz der Schwierigkeiten und allem Ärger mit viel Kreativität im Griff gehabt, sagt Koordinatorin Katja Jaszczerski. Nur ungern denkt man an die Verständigungsschwierigkeiten, die wegen der FFP3-Masken entstanden sind. „Gerade durch diese Masken war ja unsere Sprache besonders schlecht zu verstehen.“ Das sei bei den Patienten nicht gut angekommen.

„Über längere Zeit konnten wir ja sogar gar keine Besuche machen, außer in der Bereitschaft. In dieser Zeit waren dann nur die Ärzte bei den Patienten“, erzählt Kollegin Anke Bialik. „Aber seit dem 1. Juli dürfen wir nun endlich wieder regelmäßig rausfahren.“ Es sei immer darauf angekommen, dass die Koordinatorinnen ohne große Bürokratie aus der Not eine Tugend gemacht haben. „Nur deshalb sind wir so gut durch diese extrem schwere Zeit gekommen.“