Gespräche, Seelentröster, tiergestützte Therapie

Palliativärzte und Koordinatoren treffen immer wieder – oft unerwartet – auf Abschied nehmende Kinder sterbender Eltern, Geschwister oder naher Angehöriger. Den Kindern bleibt häufig nur wenig Zeit sich von ihren Liebsten zu verabschieden. Immer wieder erleben wir, dass mit Kindern nicht über die unheilbare Erkrankung gesprochen wird (oder eben viel zu spät): Kinder, die oftmals nicht einmal wissen, dass die geliebte Mama, der geliebte Papa nie wieder gesund werden. Nicht, weil die Familien die Kinder „außen vor lassen“ möchten – sondern aus tiefer Sorge, wie Kinder diese Nachricht aufnehmen und verkraften werden, wie man so eine traurige Nachricht vermitteln sollte.

Das Wissen um kindliche Trauer, das Trauerverständnis, die kindliche Entwicklung ist in den meisten Familien unbekanntes Terrain. Familien quer durch unsere Gesellschaft, Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen, Kinder mit Migrationshintergrund, Kinder mit einem schweren Rucksack an Erlebtem sind von einer palliativen Erkrankung innerhalb ihrer Familie betroffen. Diese Situation stellt große Anforderungen an die Familien.

Die Begleitung dieser Kinder bis zum Tod und durch die erste Zeit der Trauer muss zeitnah, einfühlsam, kindgerecht, kultursensibel und unabhängig von der sonstigen Arbeit des Palliativärztlichen Dienstes erfolgen. Grundlage der Trauerbegleitung ist es, systemisch zu arbeiten und die Bezugspersonen zu befähigen, ihren Kindern das Trauern zuzutrauen. Dazu ist es erforderlich, die Bezugspersonen über Kindertrauer und das altersentsprechende Trauern zu informieren, Fragen aufzugreifen und Sorgen ernst zu nehmen. Individuell und an den Bedürfnissen und dem Alter der Kinder orientiert ist es wichtig, die Kinder miteinzubeziehen und ihnen Handlungsaktivität zu ermöglichen. Einzelgespräche und Gespräche unter Einbeziehung der Bezugspersonen ergänzen den kreativen Ausdruck. Für die Zukunft der Familien ist es von großer Bedeutung, Erinnerungen gemeinsam zu schaffen und zu sichern, um die geliebte Person und gemeinsame Erlebnisse zu erinnern. Nach Eintritt des Todes wird den Familien (bei Bedarf) angeboten, eine kindgerechte Abschiednahme und Gestaltung der Trauerfeier zu unterstützen. Die Trauerbegleitung wird systemisch (unter Einbeziehung von Familie, ggf. Kindergarten/Schule) mit kreativen, spielerischen, entspannungspädagogischen und tiergestützten Angeboten bereichert.

Ein wesentlicher Aspekt in der Begleitung der Kinder ist die tiergestützte Therapie / Interventionen auf einer Alpaka-Farm. Es sind die Alpakas, die mit ihren wunderbaren Fähigkeiten die „Herzenstüren“ der Kinder (und der Erwachsenen) öffnen. Sie ermöglichen es, die Hektik des Alltags hinter sich zu lassen, einzutauchen in diese ruhige Welt. Fast immer, wenn die Außenwelt leiser wird, „hören“ Kinder ihre Gefühle „lauter“ und nehmen diese eindeutiger wahr, die Herzen öffnen sich und Gespräche beginnen. In der Natur können sich die Kinder frei bewegen, sich und ihre Gedanken und Bedürfnisse wahrnehmen und aussprechen. Die Kinder fühlen sich an diesem Ort nicht ausgeliefert, von Kontrollverlust bedroht (wie es Krankheit, Sterben und Tod zuerst vermitteln), sondern sie entdecken – auch an diesem Ort, auf Daniels kleiner Farm – ihre Handlungskompetenz, ihre Möglichkeiten aktiv zu sein und damit etwas zum Positiven hin zu verändern.

Gerade in der Kindertrauerbegleitung kommt dem Schaffen von Erinnerungen eine besondere Bedeutung zu. Durch die Kindertrauerbegleitung des Palliativnetzes Bochum e.V. ist es möglich, dass die Kinder mutig und gestärkt – mit Zuversicht und Hoffnung – in ihre Zukunft gehen.